Gebirgswald im Winter
1.340 Personen pro km2. Das ist nicht etwa die Bevölkerungsdichte einer durchschnittlichen europäischen Stadt, sondern die des Alpenraums während der Urlaubssaison. Bis zu 400 Millionen Menschen besuchen jährlich den größten Gebirgszug Europas. Das der Massentourismus überhaupt möglich ist, verdanken Einwohner und Touristen dem Gebirgswald. Ohne das grüne Dach von Fichten und Lärchen wäre die Besiedelung vieler Täler nicht möglich, von einer intensiven touristischen Nutzung ganz zu schweigen.
Besonderheiten des Bergwaldes
Der Bergwald wächst bis zur oberen Waldgrenze. Deren Höhe liegt in den Schweizer Alpen bei bis zu 2.300 m, in manchen Tiroler Tälern reicht der Wald aber auch nur bis 1.800 m. Die ursprüngliche Waldgrenze lag einst 300 bis 400 m höher, doch die ersten menschlichen Besiedler der Alpen haben diese durch intensive Nutzung herabgesenkt. Forstwissenschafter gehen aber davon aus, das die Waldgrenze mit dem Klimawandel wieder steigen wird. Etwa 100 m über der Waldgrenze liegt die Baumgrenze. Die Baumgrenze endet dort, wo Bäume nicht mehr höher als 5 m werden.
Wind, Frost, Schnee, Eis: damit hat ein Keimling zu kämpfen im Hochgebirge. Daneben gibt es aber auch noch eine Reihe anderer Faktoren, die den kleinen Bäumen das Leben schwer machen: Pilze wie der Schneeschimmel, konkurrierende Bodenvegetation, Austrocknung, Schneegleiten, Forsttrocknis und Spätfröste sind dafür verantwortlich, das sich die Waldgrenze seit Jahrhunderten kaum verändert hat. Seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts kommt als weiterer Faktor der Wildverbiss hinzu.
Soll die Naturverjüngung im Gebirgswald gelingen, ist das Vorhandensein von Totholz entscheidend. Die toten Stämme geben den Keimlingen nicht nur einen Höhenvorteil gegenüber der Konkurrenzvegetation. Tote Stämme enthalten als ideales Keimbett auch Wasser und Nährstoffe. In der Schweiz wird daher die Bildung von Totholz von Forstleuten aktiv unterstützt, um die Jungfplanzen zu fördern.
An sensiblen Standorten, wo der Wald schnell wieder eine Schutzfunktion erfüllen soll, ist es nach Störungen wie Windwurf, Schneebruch oder auch Waldbrand nötig künstlich zu verjüngen. Damit die Hochlagenaufforstung gedeiht, braucht es aber ausreichend Wissen über den Kleinstandort, geeignetes Pflanzmaterial (Herkünfte aus Gebirgslagen) und die richtigen Pflanzverfahren.
Der Standort entscheidet
Die Auswahl des Saat- oder Pflanzortes ist von größter Bedeutung für den Erfolg einer Aufforstung. In hohen Lagen entscheiden minimale Standortsunterschiede über den Anwuchserfolg. Günstige Standorte sind meist Geländeerhöhungen wie Rippen, Kuppen, Hangkanten, die Bereiche um alte Stöcke oder liegengelassenes oder quer zum Hang gefälltes Baumholz.
Ungeeignete Kleinstandorte sind nasse, kühle und krautreiche Geländevertiefungen (Mulden), in denen der Schnee lange liegen bleibt. An solchen Stellen darf nicht schematisch gepflanzt werden, da mit Pilzerkrankungen gerechnet werden muss. Auch Vegetationskonkurrenz durch Pestwurz, Alpendost und dichtes Reitgras sind problematisch. In Schlagfluren mit Brombeeren, Himbeeren und Adlerfarn ist ein aufkommen der Verjüngung fraglich. An solchen Standorten muss mit mehrjährigen, aufwendigen Pflegearbeiten gerechnet werden.
Auf trockenen, warmen Südhängen sind extreme Temperaturschwankungen der Bodenoberfläche und heftige Sonneneinstrahlung limitierende Faktoren für junge Bäume. Bei der Bodenbearbeitung zur Anlage der Pflanz-und Saatstellen ist darauf zu achten, dass die Vegetation nicht großflächig entfernt wird. Auf kühlen, schattigen Nordhängen ist meist die Temperatur der beschränkende Faktor. Dort haben Pflanzorte mit Sonneneinstrahlung während der Vegetationsperiode bessere Bedingungen um zu keimen und zu wachsen.
Dauerbestockung
Die negativen Einflüsse von Kahlschlägen sollen im Gebirgswald verhindert werden, da sie sich auf steilen Hängen besonders stark auswirken. Erosion und ausgewachsene Nährstoffe vermindern die Bodenfruchtbarkeit. Auch ist die Bestandesbegründung durch Naturverjüngung schwieriger als in Tieflagen, weshalb Kahlflächen in Hochlagen aufgeforstet werden müssen. Aus all diesen Gründen sollte der Bergwald möglichst mit einer Dauerbestockung bewirtschaftet werden. Sowohl die Plenterwirtschaft als auch der Femelschlag sind dafür geeignet. Der Femelschlag scheint dafür noch günstiger, denn durch die Entnahme von kleinen Gruppen von Bäumen (und keiner Einzelstammentnahme wie im Plenterwald üblich) kann die Holzernte wirtschaftlich durchgeführt werden. Beiden Waldbausystemen ist gemein, dass pflege- und kostenintensive Bestandesstadien wie der Jungwuchs und das Stangenholz vermieden werden. Vielmehr wird die biologische Automation genutzt, also der Umstand dass sich durch die natürliche Konkurrenz die zukünftigen Z-Bäume ausbilden. Da nur kleinflächig genutzt wird, entstehen immer nur kleine Gruppen von Bäumen, die sich in sensiblen Bestandesstadien wie dem Stangenholz befinden. Sowohl Plenterwald als auch Femelschlag eignen sich für alle im Gebirgswald vorkommenden Waldgesellschaften.
Die wichtigsten Waldgesellschaften
Fichten-Tannen-Buchenwälder: Mit zunehmender Höhenstufe mischen sich zur Buche Tanne und Fichte bei. Tanne und Buche verfügen über ein kräftiges Herzwurzelsystem wodurch diese Waldgesellschaft auch über hohe Stabilität verfügen. Mischbaumarten sind Bergahorn, Esche, Eberesche.
Montane bzw. subalpine Fichtenwälder: Montane Fichtenwälder kommen über 1.000 m vor, mit zunehmender Höhenstufe gewinnt die Fichte an Konkurrenzkraft. Beigemischt kommt noch vereinzelt Bergahorn, Tanne und Buche vor. Hauptbaumart ist die Fiche, mit steigender Höhenstufe nimmt der Anteil der Lärche zu, beigemischt kommen Bergahorn und Eberesche vor. Je näher die Waldgesellschaft der Waldgrenze kommt, desto mehr verändert sich die Gestalt: die Baumhöhe sinkt deutlich und liegt unter 30 m, die Bäume sind voll benadelt und die Äste sind kurz, um den Schnee möglichst wenig Auflagefläche zu bieten. Die Verjüngung befindet sich meist in direkter Nähe zu älteren Bäumen und ist in einer Rotte zusammengedrängt, um als Gruppe die feindlichen Lebensbedingungen besser überstehen zu können.
Lärchen-Zirbenwälder: Ist die Waldgesellschaft die am höchsten steigt. Lärche und Zirbe sind äußerst stabile Baumarten mit kräftigen Wurzelsystemen. Bedingt durch die Höhenlage ist diese Waldgesellschaft werden die Bäume nur in Ausnahmefällen über 20 m hoch.
Problematik Wildschaden
Eines der größten Probleme im Gebigswald ist der hohe Wildstand. Neben Reh und Rothirsch sind auch Gemsen für Schäden am Wald verantwortlich. In vielen Gebieten ist der Wildbestand so hoch, das ohne Schutmaßnahmen nicht verjüngt werden kann. Zudem verbeißt das Wild gerne die ökologisch wertvollen Mischbaumarten, in Gebieten mit besonders hohem Wildstand wird aber auch die Fichte verbissen. Ein anderer schwerwiegender Schaden ist das Schälen der Rinde, wofür das Rotwild hauptverantwortlich ist. Steinböcke schälen zwar ebenfalls, allerdings ist der Steinwildbestand wesentlich kleiner als der des Rotwildes. Baumrinde kann als Notnahrung dienen, zumeist aber ist die Struktur der Rinde zur Stabilisierung der Verdauung der Grund für das Schälen. Der Schälschaden vermindert nicht dass Baumwachstums, die Holzqualität wird aber beeinträchtigt. Schälwunden schaffen darüber hinaus Eintrittspforten für holzzerstörende Pilze, deren Tätigkeit den Stamm statisch schwächt, was Wind- und Schneebruchgefahr erhöht und speziell im Schutzwald ein großes Problem darstellt. Sowohl in Österreich als auch in der Schweiz und in Deutschland stellen die hohen Wilddichten eine große Herausforderung für den Gebirgswald dar. Durch den Klimawandel wird die Problematik noch verschärft: gebietsweise dringt sogar schon das Schwarzwild in den Alpenraum vor, das bisher Bergregionen gemieden hat. Vom Schwarzwild selbst sind zwar keine Schäden zu befürchten, aber es werden sich im Gebirgsraum nicht nur für das Schwarzwild die Entwicklungsbedingungen verbessern sondern auch für Reh und Rothirsch verbessern was zwangsläufig zu noch höheren Wildständen führt.