Lebende Fliegenfallen

Fliegenfalle
Fleischfressende Pflanzen sind ein Zeichen für eine schlechte Nährstoffversorgung.

Dichte Nebelschwaden ziehen über den Waldboden. Die üppige Vegetation wuchert überall und erschwert die Sicht. Arglos, nur auf die Richtung konzentriert, wandert der junge Forscher durch den Wald. Er hat keine Ahnung, in welch tödlicher Gefahr er sich befindet. Plötzlich schnappt die Pflanze von hinten zu und aus ihren todbringenden Klauen gibt es kein Entrinnen: Auf diese Art werden fleischfressende Pflanzen in Filmen und Romanen dargestellt. Mit der Realität hat das gar nichts zu tun: Wer größer ist als ein Frosch, steht nicht auf dem Speisezettel fleischfressender Pflanzen.

In Wahrheit sind sie Anpassungskünstler für Standorte mit sehr schlechter Nährstoffversorgung. Die fehlenden Minerale werden durch den Fang von Insekten und anderer kleiner Tiere beschafft. Die Pflanzen sind auch nur an solchen Standorten zu finden, wo der Nährstoffhaushalt das Wachstum anderer Pflanzen nicht erlaubt. An besseren Standorten sind fleischfressende Pflanzen nicht konkurrenzfähig. Die Fangblätter werden vielseitig eingesetzt: Sie betreiben Photosynthese, fangen die Beute und sind auch zuständig für die Wasseraufnahme, da die Wurzeln der meisten fleischfressenden Pflanzen sehr schlecht entwickelt sind. Das macht sie sehr widerstandsfähig gegenüber ungünstigen Bodenbedingungen: Je nach Art werden Sauerstoffmangel, Schwermetallbelastung, ein hoher Salzgehalt und sogar radioaktive Belastung wie in der Nähe von Kernkraftwerken toleriert. Mit Ausnahme der Antarktis sind fleischfressende Pflanzen auf allen Kontinenten vertreten. Besonders artenreich sind sie in Mooren sowie in tropischen Hochgebirgen. Auch in Mitteleuropa sind sie vor allem in Moorlandschaften zu finden: Rund 16 Arten legen hier ihre Fallen aus. Zu den bekanntesten gehören der Sonnentau und das Fettkraut.

Warten, kleben, saugen

Gefahr für Insekten
Für Menschen und fast alle höheren Tiere sind fleischfressende Pflanzen harmlos, für Insekten stellen sie aber eine tödliche Gefahr dar.

Wie einfallsreich die Natur sein kann, zeigen die verschiedenen Arten von Fallen bei fleischfressenden Pflanzen. Bei Klebefallen tritt über Drüsen oder Tentakeln an den Blättern ein klebriges Sekret aus. Insekten werden durch das duftende Sekret angelockt und bleiben daran hängen. Ist das Opfer erstmal gefangen, schüttet die Pflanze Enzyme aus, die das Insekt – bei lebendigem Leib – verdauen. Die Klappfalle ist die bekannteste Fangmethode. Dabei handelt es sich um die schnelle Schließbewegung zweier Blatthälften. Innerhalb von zwei Sekunden klappen dann die Blätter zu. Pflanzen haben im Gegensatz zu Tieren weder Muskeln noch Nerven. Um den Trick zu bewältigen, dass sich Blätter tatsächlich bewegen und das auch noch sehr rasch, wird der Wasserdruck genutzt. Pflanzenzellen bestehen zu einem großen Teil aus Wasser und sie können ihre Größe verändern, indem sie Wasser abgeben oder aufnehmen. Geben die Auslösehärchen im Blattinneren das Signal zum Zuklappen, strömt Wasser von den inneren in die äußeren Zellen. Jetzt werden die äußeren Zellen größer und brauchen mehr Platz. Durch das langsame Umkehren der Wölbung entsteht in den Blatthälften eine Spannung. Wenn ein bestimmter Punkt überschritten ist, entlädt sich diese Spannung blitzschnell und die Falle klappt zu. Auch wenn die Falle schnell zuklappt, bei der Verdauung lassen sich die Pflanzen Zeit. Bis zu acht Tagen kann es dauern, bis ein Insekt in einer Klappfalle vollständig verdaut ist. Vergleichsweise simpel erscheinen da die Fallgrubenfallen: Die Blätter bilden einen Hohlraum, in den das Insekt hineinfällt und aufgrund glatter Innenwände und des kleinen Raums nicht mehr rauskommt. In den Fallgruben befinden sich Sekrete, die das Insekt auflösen. Wie eingangs erwähnt, hat man als Mensch von fleischfressenden Pflanzen nichts zu befürchten. Im Gegenteil, sie selbst gehören zu den bedrohten Arten, da sie vor allem Moore besiedeln und diese Lebensräume immer seltener werden.