Wald ohne Bäume
Auch wenn die Bäume fehlen: die Schlagflora, also Gräser, Hochstauden und Sträucher begründen das erste Stadium der Waldentwicklung. Selbst in Urwäldern lassen sich baumfreie Flächen finden, in denen Gräser und Hochstauden dominieren. Im Unterschied zum Wirtschafswald sind diese Flächen allerdings meist kleinflächig. Ob Windwurf im Urwald oder Kahlschlag im Wirtschaftswald, sind die Bäume erstmal weg, beginnt eine Reihe von Pflanzen rasch den verfügbaren Raum zu nutzen. Dazu gehören Brombeere, Himbeere, Tollkirsche, Brennnessel, Adlerfarn, Weidenröschen sowie einige Gräser. Licht, Wasser und Nährstoffe gibt es nun in Hülle und Fülle, da die Konkurrenz der Bäume weg ist. Dazu kommt, dass die vermehrte Sonneneinstrahlung das Bodenleben begünstigt, wodurch die Nährstoffe schneller freigesetzt werden. Und die Humusschicht sorgt für eine gute Wasserversorgung.
Allerdings, allzu lange dauert dieser Zustand nicht. Denn im Boden befindet sich eine Vielzahl von Baumsamen, die zu keimen beginnen. Gleichzeitig breitet sich der angrenzende Wald aus. Äste und heranwachsende Bäume lassen die Schlagfläche Jahr für Jahr kleiner werden. Der Zeitraum, in der eine Schlagfläche offenbleibt, hängt von mehren Faktoren ab wie der Menge an Samenbäumen in unmittelbarer Nähe, der Anzahl von noch lebenden Baumsamen im Boden, der herrschenden Baumart (Lichtbaumarten wie Kiefer und Eiche lassen mehr Licht auf den Boden fallen als Schattbaumarten wie Tanne oder Buche) sowie der Witterung. Die Umwandlung von Schlagfläche zu Wald geht schrittweise vor sich: neben einigen Sträuchern wachsen Pionierbaumarten wie Birke, Salweide und Pappel heran. Vor allem die Birke beherrscht es ausgezeichnet, sich in baumfreien Schlagflächen anzusiedeln. Unter dem Schirm der Pionierbaumarten wachsen schließlich andere Baumarten heran, die weniger lichtbedürftig sind. Von Seiten des Naturschutzes werden Schlagflächen sehr positiv betrachtet, da die Artenvielfalt viel höher ist als im geschlossenen Wald. Viele dieser Arten stammen aber eigentlich von Offenlandflächen.
Je steiler der Hang, desto größer ist die positive Wirkung der Schlagvegetation, denn sie verhindert Bodenerosion und die Auswaschung von Nährstoffen. Trotzdem kann die Schlagflora eine ernste Konkurrenz für die Verjüngung darstellen. Vor allem auf großen Schlagflächen mit guter Nährstoffversorgung kann das der Fall sein. Dabei wird aber die erfolgreiche Verjüngung nur verzögert, nicht gänzlich verhindert. Lediglich die Brombeere und der Adlerfarn können derart mächtig heranwachsen, dass über Jahrzehnte hinweg keine Bäume mehr hochkommen.